Equines Dry-Needling nach K. Schachinger

Das Dry-Needling ist ein Therapieansatz bei Bewwegungseinschränkungen und muskulären Problemen bei Pferden. Die Methode wurde in der Humanmedizin Mitte des letzten Jahrhunderts entwickelt. Anfänglich wurde Procain in verspannte Muskelareale injiziert. Bei der equinen Dry-Needling Methode wird jedoch „dry“, also ohne Injektionen, nur mit Akkupunkturnadeln gearbeitet.

Es geht um die Behandlung von myofaszialen Triggerpunkten mit dem Ziel, Schmerzen zu beheben oder zumindest zu reduzieren, um den Körper in die Lage zu versetzen, sich selbst zu heilen. Ein Triggerpunkt bezeichnet einen „Knoten“ in einem Bündel kontrahierter Muskelfasern. Ein solches Faserbündel ist nachhaltig in seiner Funktion gestört – weder Dehnung noch weitere Kontraktion ist möglich. Die betroffenen Bereiche werden nur noch minimal mit Sauerstoff versorgt. Durch diese Dauerkontraktion werden bestimmte Rezeptoren im Körper stimuliert – es kommt zur Schmerz- wahrnehmung (Untersuchungen an toten Tieren haben übrigens gezeigt, dass diese Triggerpunkte sich auch im Tod nicht auflösen).

Der ganzheitliche Ansatz, der der Osteopathie zu Grunde liegt, gilt auch hier. Deshalb gehört zur Behandlung auch wieder eine gründliche Anamnese, bei der Haltungsform, Ernährung und „Nutzung“ genau besprochen wird.

Es können verschiedene, positive Effekte durch die Behandlung beobachtet werden. Setzt man eine Akkupunkturnadel in eine verhärtete, weil dauerhaft kontrahierte Struktur, kommt es unweigerlich  zu einer Veränderung – die Nadel schafft einen kleinen Raumgewinn und die starre Struktur wird aufgebrochen. Es kommt zu einer verbesserten Durchblutung, Sauerstoff und Nährstoffe können wieder in diesen Bereich geführt werden und Stoffwechselprodukte werden abtransportiert. Das ist der erste Schritt auf dem Weg zur Heilung. Das Muskelgewebe kann seine an- und abspannenden Funktionen wieder wahrnehmen. Durch die Akkupunkturnadel werden außerdem Nervenfasern stimuliert, die Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung haben – Das Muskelgewebe beginnt wieder „ zu leben“.

Wie läuft so eine Behandlung ab? Das Pferd soll trocken und geputzt sein. Nach dem Anamnesegespräch erfolgt eine gründliche Betrachtung des Pferdes, bei der es darum geht, erste Hinweise auf muskuläre Dysbalancen oder Schonhaltungen zu erkennen. Anschließend wird das Pferd gründlich abgetastet, um verhärtete Strukturen aufzuspüren. Das Setzen der Nadeln erfolgt nach einem festgelegten Plan, dem sog. „basic treatment“. Hierbei werden 3-4 Nadeln in 4 aufeinander folgende Bereiche gesetzt: linke Halsseite (kurz vor dem Schulterblatt), linke Kruppe, rechte Halsseite (kurz vor dem Schulterblatt) und rechte Kruppe. Diese 4 Bereiche sind Schlüsselbereiche im muskulären Geschehen. Nach jedem Bereich wird „nachgefühlt“. Sollten sich anschließend noch Verspannungen finden, werden sie einem bestimmten Muster folgend nacheinander behandelt, dem sog. „Fine-Tuning“. Obwohl die Nadeln mit 5-7,5 cm relativ lang sind, tolerieren die Patienten das Einstechen ohne Probleme. Gelegentlich kommt es zu einem sog. „local-twitch“, bei dem der genadelte Muskel deutlich sichtbar zuckt – das ist eine überaus positive Reaktion. In seltenen Fällen kann es zu kleinen Schwellungen oder ganz leichten Blutungen an einer Einstichstelle kommen. Diese können mit Heilerde behandelt werden und verschwinden i. d. R. nach 1-2 Tagen. Die Patienten haben im Anschluss an die Behandlung einige Tage „arbeitsfrei“. 2-3 Tage lockeres Spazierengehen ermöglichen Ihnen, ihr neues Körpergefühl besser wahrzunehmen. Ab dem 3. Tag darf an der Longe auch wieder getrabt werden, nach 5-6 Tagen ist Galopp wieder „erlaubt“.

Es gibt natürlich auch Kontraindikationen, bei denen sich eine Dry-Needling Behandlung verbietet. Dazu zählen:

·       Ungeklärte Lahmheiten

·       Lokale oder systemische Infektionen

·       Vorangegangene Maßnahmen mit Blutverdünnern

·       Sehr schlechter Allgemeinzustand

·       Trächtigkeit

·       Hautdefekte (auch allergische) und Tumorerkrankungen

·       Angst oder massive Abwehrreaktionen des Patienten